In den Elendsvierteln von Buenos Aires haben viele Kinder keine Chance. Sie brauchen Fürsorge, Unterstützung, Essen. Im Hogar Maria Luisa dürfen wenigstens einige auf Hilfe zählen – dank Spenden der help alliance haben sie im Heim ein neues Dach über dem Kopf und endlich eine Zukunft vor Augen.
In the “good” world, you get breakfast at seven o’clock every morning.

In der guten Welt gibt es jeden Morgen um sieben Uhr Frühstück

Feste Zeiten schenken Halt. Sie schaffen Struktur in einem Leben, das keine Regeln kennt. Noch wichtiger: Es gibt jeden Morgen zu essen. Milch, Obst, Croissants.

In der guten Welt hängen Bilder und bunte Buchstaben an den Wänden. C für casa, Haus. M für mariposa, Schmetterling. S für sol, Sonne. In der heilen Welt lernt man auf diese Weise das Alphabet.

Wenn die Kinder hier ankommen, gehen sie durch ein türkisfarbenes Treppenhaus. Sie toben über Flure, in denen der Putz bröckelt, ihnen aber immerhin keine Fäuste ins Gesicht fliegen. Es gibt echte Zimmer hier. Betten, Duschen. Auf dem Hof steht ein Drahtkarussell, es gibt eine Wippe, ein Klettergerüst. Drinnen stehen Puppenhäuser und liegen Bücher, in denen Giraffen lachen und Elefanten prusten. Und auch wenn die Köchin, die Alicia heißt, manchmal ein bisschen schimpft, am Ende nimmt sie einen immer in den Arm.

An den Wänden hängen Comicfiguren. Mickey Mouse, Donald Duck, die Simpsons. Die Motive hängen hier, in der guten Welt, weil manche der Kinder solche Figuren noch nie zu Gesicht bekommen haben.

The worlds these children come from are a totally different reality.

In den Sphären, aus denen die Kleinen kommen, herrschen andere Realitäten

In den Barrios carenciados, den Elendsvierteln von Buenos Aires, wachsen viele Kinder nicht mit lustigen Geschichten auf, sondern in unvorstellbarer Rohheit. Auf dem täglichen Stundenplan stehen: Armut, Drogen, Gewalt. Die Kinder werden misshandelt, vernachlässigt, vergewaltigt. Andere landen auf der Straße, müssen sich allein durch die 14-Millionen-Metropole kämpfen. Traumatisiert taumeln die Mädchen und Jungen durch eine Kindheit ohne Schule, ohne Zukunft, ohne Hoffnung. Oft ohne Eltern, ohne Familie. Diese Kinder irgendwie aufzufangen ist nicht einfach in einer Gesellschaft, in der 40 Prozent der Erwachsenen und schätzungsweise 70 Prozent der Kinder in Armut leben.

Einige haben Glück. Durch richterliche Beschlüsse können sie den brutalen Verhältnissen entkommen und finden Obhut. So auch hier, im Hogar Maria Luisa, einem Heim für Kinder, die sonst keine Chance haben. Hier, im Viertel von San Martín, hinter gelben Mauern und einer großen Tür, erfahren sie das erste Mal, was es heißt, ein halbwegs normales Leben zu führen.

Verkehrte Welten: In Buenos Aires warten 8000 Kinder auf einen Platz in einem Heim

Im Heim wohnen um die 20 Kinder. Einige kommen im Alter von drei, vier Jahren hierher, andere als junge Teenager. Es ist nur ein kleiner Ausschnitt. Allein im Viertel San Martín warten 1000 Kinder auf einen Platz in einem der Heime, in ganz Buenos Aires sind es um die 8000.

Ziel ist es, einigen von ihnen zu helfen. Wenn die Kinder noch nicht zu alt sind, besteht die Hoffnung, dass neue Eltern sie adoptieren. Bis zu 120 der verlorenen Seelen landen jedes Jahr im Hogar Maria Luisa. Psychologinnen kümmern sich um sie, Pädagoginnen und Sozialarbeiter. Zudem springen viele Ehrenamtliche ein. Sie bringen die Kinder zum Arzt, begleiten sie zur Schule, geben Musikunterricht. Sie malen mit den Kindern Blumen an die Wände, grüne Papageien und Gauchos mit gelben Hüten.

Ana Karina Alvarez

Was nach Kinderalltag klingt, hat mit normaler Erziehung nichts zu tun. Ana Karina Alvarez, 50, ist die Leiterin des Heims. Sie sagt: „Viele der Kinder haben noch nie einen Stift in der Hand gehalten, noch nie ein Lineal gesehen. Sie wissen nicht, was ein Kindergarten ist. In ihren Seelen ist das Elend als Zustand gespeichert.“

Die Erzieherinnen müssen sich in die Innenwelten der Kinder hineinversetzen, um zu begreifen, was sie erlebt haben. Alvarez erinnert sich: „Ein Junge kam zu uns ins Heim, wir mussten ihm das Kauen beibringen.“ Der Junge war sechs. Er hatte noch nie Fleisch, noch nie ein Stück Fisch gegessen. Ein junges Leben ohne feste Nahrung.

Die Aufgabe der Heimmitarbeiterinnen ist keine leichte. Sie müssen den Kindern zeigen, dass im Leben so etwas wie Zuneigung existiert, so etwas wie Wertschätzung. Für andere, für sich selbst. Sie müssen ihnen vermitteln, was Regeln sind, wo Grenzen liegen, was Geduld bedeutet. Die wichtigste Aufgabe: Vertrauen schaffen in einem Dasein ohne Boden.

Das Hogar Maria Luisa wird schon bald „la casa“.

L’istituto Hogar Maria Luisa diventa presto “casa”

“L’istituto diventa presto il centro del mondo di questi bambini”, spiega Alvarez. E quando capiscono che da qui non devono sbrigarsi a fuggire, che qui nessuno mette in discussione il loro cibo e rende loro la vita un inferno, allora cominciano subito a chiamare la Hogar Maria Luisa “casa”. La loro casa. Per molti la prima della loro vita.

E l’istituto si trova anche a combattere con le condizioni esterne. Ma per fortuna, grazie a Lufthansa help alliance, l’istituto Hogar Maria Luisa riceve un sostegno mirato. Le donazioni hanno permesso di rinnovare il tetto, gli operai possono ristrutturare il secondo piano. Nelle nuove stanze troveranno rifugio le bambine dai 13 anni di età. Bambine che altrimenti, in condizioni precarie, sarebbero abbandonate al loro destino. I fondi di help alliance sono destinati inoltre alla formazione pedagogica del personale. Nell’arco di tre anni saranno erogati per questo progetto circa 575.000 euro, che alla fine aiuteranno ben oltre 300 bambini a intraprendere una vita migliore.

Per quanto duri siano i destini di questi piccoli, i risultati si vedono

A mezzogiorno escono da scuola i primi bambini. All’istituto è ora di pranzo. Il menu prevede insalata, empanadas, succo. I bambini siedono alla stessa tavola, schiamazzano, ridono. La piccola Joselin gioca con le sue trecce, Rocia disegna accanto al piatto una grande automobile su un foglio di carta perché un giorno vuole diventare conducente di autobus. Mikael e Benjamin fanno volare in aria le forchette, Rodrigo lancia una pallina di carta nel vasetto vuoto dello yogurt: canestro!

Sulle sedie ci sono le targhette adesive con i nomi, sopra la cucina è appesa la bandiera argentina con il sole giallo. Ordine, calore. Anche le piccole cose devono infondere un senso di stabilità nei bambini, un’idea di sicurezza. Arriva la cuoca Alicia con il budino, a tavola è seduta anche Gimena Gomez, che lavora in istituto come psicopedagogista. Conosce ogni singolo bambino. La sua storia, le sue manie. Il suo riso, il suo pianto.

So hart die Schicksale sind, es gibt Erfolge.

The home’s staff have an enormous responsibility. “Every child needs attention, time and individual care”, says Gimena Gomez, 45. “The children are desperate for these things.” For their rights that have never been respected. For the compassion that they’ve never been shown. It often takes months for the children to develop trust. And talk about what they’ve been through.

Rocio, who arrived at the age of six. Who was still in nappies and only walked on tiptoes. He was full of anxiety. His parents had cared for him so little that he still behaved like a baby. Mikael, who grew up almost alone with his two younger brothers and no other family. When he came to the home at the age of four, his milk teeth were rotten. He had outbursts of anger, crawled on all fours and could barely walk. When he was asked if he had parents, he screamed, “No tengo, no tengo!” – I don’t have any!

Then there’s sweet little Joselin, aged six. The youngest of eight siblings. Her father left, her mother disappeared. Only her grandparents remained. But they had no money to look after their grandchildren. Joselin arrived at the age of four. She didn’t speak a word.

But as hard as these children’s fates have been, there are successes. After a month, Joselin began to talk, got on well with the other children, found happiness and built trust. She now goes to school, reads, learns, laughs, and enjoys spending time outside, watering the carrots and tomatoes that they plant at the home. Mikael is now ten. A highly intelligent boy. The staff at the home have realised how gifted he is and have encouraged him. He now helps the other children when they don’t understand something. He plays sports, walks upright and looks forward to the life that awaits him.

“It’s about restoring the children’s basic human rights.”
CORINA HANISCH
Es geht darum, den Kindern ihre Grundrechte zurückzugeben.

It’s the afternoon. The children are playing and doing homework on the long table in front of the football pitch. Laundry hangs by the barbecue area. Tiago, 14, takes the football, dribbles the ball around the pitch again and shoots. He’s good, he has real talent. No one knows how often he was beaten, how many nights he spent alone on the streets of Buenos Aires. “Maybe he’ll be discovered as a footballer”, says Corina Hanisch. “We want to give him all the opportunities he deserves.”

Hanisch, 53, is Lufthansa’s Marketing Manager for South America and is coordinating the support for the Maria Luisa home. She, too, knows the children well. She frequently visits the home, gets involved, helps out as a volunteer. “Ultimately, we restore the children’s basic human rights”, she says. The right to non-discrimination, health, education. The right to freedom, play, leisure. The right to be cared for and grow up safe from violence. “That takes love, but also a certain amount of money. And where are children born into poverty supposed to find that?”

Seven o’clock, dinner time. There’s mashed potato, carrots and a big piece of fish for everyone today. Afterwards, the children go to their common rooms on the first floor. They carry on playing, do their homework. Fortunately there are beds here, and second-hand tables and chairs. There are coloured pencils, paper, a little dressing table for the girls.

And then, of course, there are the people. The people who work at the Maria Luisa home, who pop their heads round the doors one last time every evening to wish everyone goodnight. A word that can mean so much. Sleep without fear. Dream without suffering. And hope in your belly.

Tomorrow will be a good day.

In the heart of the action – stories that generate emotion

Author Marc Bielefeld and photographer Jens Görlich deliver first-hand accounts

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